Titten raus, es ist Vor-Sommer!
So, jetzt wo ich mit diesem alten SchuelerVZ-Spruch eure Aufmerksamkeit habe, können wir uns dem eigentlichen Thema dieses Blogbeitrags widmen.
Disclaimer: Hautfarben sind ein sensibles Thema. Ich möchte mich keinesfalls darüber beschweren, im eigentlichen Sinne weiß zu sein oder mich selbst gar als eine Minderheit darstellen. Es geht mir viel mehr um eigenartige Beauty Standards – und dass in diesem Zusammenhang ziemlich viele unüberlegte Aussagen getroffen werden.
„Haha, du bist ja wie ein Albino.“
Ich habe rötliches Haar, Sommersprossen und eine Hautfarbe, die man als Typ 405 Weizenmehl bezeichnen könnte. Zeitlebens wurde ich in Sonnencreme gebadet, musste im Urlaub überdimensionierte Hüte tragen und mir seltsame Konstruktionen aus Tüchern und Kimonos umhängen, um nicht zu verbrennen. Denn in der prallen Mittagssonne brauche ich für den modernen Krebs-Look ungefähr 5 Minuten. Plus Ausschlag, denn meine Haut kann Sonne so wenig leiden, dass sie leider eine Allergie gegen sie entwickelt hat.
Das alles ist zwar ein bisschen anstrengend, aber nicht weiter problematisch – wären da nicht andere Menschen und ihre (gesellschaftlich beeinflussten) Meinungen.
Denn obwohl ich irgendwo in Asien wahrscheinlich um meine Haut beneidet werden würde, ist es in unseren Breitengraden gerade nicht angesagt, so hell zu sein. Im Gegenteil: Ein gebräunter Körper ist aus dem standardmäßigem Schönheitsideal nicht wegzudenken.
Niemals bereit für den Sommer.
Richtig gestört hat mich das Ganze als Kind nie. Als Teenie schon mehr, denn da flogen mir die ersten Kommentare á la „Wir haben keine Lust mit dir rauszugehen, denn du sitzt immer nur im Schatten“ um die Ohren. Beliebt waren außerdem:
„Musst du dich denn so lange eincremen?“
„Wirst du denn wirklich nicht einfach braun?“
„Sonnenbrand ist immer so hässlich.“
„Irgendjemand findet das bestimmt schön.“
Aua.
Ich habe mich jedes Mal elend gefühlt. Und auch die Annäherungsversuche mit „Aber eine edle Blässe ist doch toll“ haben, ehrlich gesagt, nie geholfen. Wie auch? Ich wollte nicht edel aussehen, sondern mal 10 Minuten uneingecremt im Park sitzen, ohne zu verkohlen. Als Erwachsene habe ich diese Unsicherheit im Grunde abgelegt. Ich kann wortwörtlich nicht aus meiner Haut und das ändern auch eigenartige Sprüche von anderen nicht. Meistens höre ich gar nicht mehr hin. Trotzdem kommen oft ungefragt irgendwelche Menschen zu mir und halten ihre Arme gegen meine, um ungläubig zu lachen und Dinge zu sagen wie „Du bist ja wirklich weiß!“
Teufel, was für eine brillante Feststellung.
Am allermeisten ärgert mich jedoch, wie das ganze Thema medial aufbereitet wird. Neulich habe ich eine Werbung einer großen Hautpflegemarke gesehen, die doch wirklich in etwa so ablief:
„Du willst ein Sommerkleid anziehen, aber deine Haut ist noch im Winterschlaf? Nimm einfach unser Nivoro Bräunungsgel und mach dich summer ready!“
Nach dieser Prämisse werden Menschen wie ich leider weder ein Kleid tragen noch jemals bereit für den Sommer sein können. Selbstverständlich könnte ich mir eine Wanne Selbstbräuner einlassen, aber sind wir mal ehrlich: Ich würde aussehen wie ein Brot, das zu lang im Toaster war. Es würde nicht zu meinem Typ passen und es würde mir zusätzlich vermitteln, dass an meinem Äußeren irgendetwas falsch und optimierungsbedürftig sei.
Natürlich gibt es genug Menschen da draußen, die sich ein bisschen gebräunt wohler fühlen. Das ist völlig verständlich. Whatever floats your boat; macht einfach genau das, worauf ihr Lust habt. Aber euch von Marketing-Melanie sagen lassen, dass ihr nicht an einer Jahreszeit teilnehmen könnt, weil etwas mit eurer Haut nicht stimmt? Ich denke nicht.
Lasst euch nicht verunsichern.
Ja, ich bin sehr hell. Ja, das ist Ausschlag von der Sonnenallergie. Ja, man kann jede Ader durchschimmern sehen, besonders an den Beinen. Nein, ich bin nicht krank, mir ist nicht schlecht und ich bin auch nicht müde – so seh ich eben aus. Und nein, ich bin auch kein Vampir und die Bemerkung findest nur du gerade richtig einfallsreich und witzig.
Quintessenz dieses Beitrags: Ich hab ein bisschen gemeckert und möchte euch mitgeben, dass ihr – absolut unabhängig eurer äußeren Erscheinung – das warme Wetter genießen dürft. Niemand macht eine Regel, dass es verboten ist, nach draußen zu gehen wie auch immer ihr das wollt. Seid ein wenig vorsichtig mit euren Kommentaren gegenüber anderen. Und cremt euch ein.
Echt jetzt, UV-Strahlung ist gemein.
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