Als ich noch zur Schule ging und mich durch die ganze Berufsberatung quälte, habe ich nie über Karriere nachgedacht. Ich hab mich nie im Anzug durch ein Büro stolpern sehen, mir war Geld irgendwie egal und meine Träume lagen sowieso ganz woanders. Erfolgreich in einem „normalen“ Job wollte ich nie sein, nie eine Leiter nach oben klettern. Im Gegenteil, ich habe diese Art von System sogar regelrecht verteufelt. Es kam mir vor wie ein nie enden wollender Wettlauf im Hamsterrad. Geschäftsfrauen und -männer taten mir eher leid als dass ich sie für ihre Arbeit bewunderte.
Business Casual.
Ich erinnere mich, dass ich um Himmels Willen nie in einem Büro arbeiten wollte. Allein von dem Gedanken habe ich mit 16 eine Ekelgänsehaut bekommen. Einer von den Lemmingen sein, die morgens um 8 die Zeiterfassung starteten und nachmittags völlig erledigt wieder nach Hause fuhren? Urgh. Mir war das alles zuwider. Ich wollte meine Ruhe und ich wollte schreiben, mehr nicht.
Ich hatte natürlich keine Ahnung, wie „arbeiten“ überhaupt funktioniert. In der Theorie habe ich meine Lebensjahre in einem sterbenslangweiligen Gefängnis aus Deadlines und Kundengesprächen an mir vorbeiziehen sehen. Ich hatte Angst: Angst, nicht ich selbst sein zu können und Angst, mich nicht zu verwirklichen. Angst, mein Leben mit etwas zu füllen, das mir nicht entsprach, aber das man „eben so machte“.
Davor fürchte ich mich immer noch. Sogar so sehr, dass ich nachts wach liege und akribische Pläne schmiede, wie ich mir treu bleiben, etwas Geld verdienen und dann auch noch ein schönes Leben haben kann. Aber mein Verhältnis zu Karriere ist ein anderes. Und auch zu Erfolg.
Money, Money, Money.
Dass ich schreiben will und muss, um glücklich zu sein, das wird sich nie ändern. Was sich geändert hat, ist meine Einstellung zum Weg, den ich einschlage, um mein Ziele zu erreichen. Ich bin nicht gleich ein willenloses Nagetier, nur weil ich morgens aufstehe und arbeiten gehe. Nicht jedes Büro ist die erste Pforte zur Hölle. Und nicht alle Menschen im Anzug egoistische Businesshaie.
Geld ist mir durchaus wichtig geworden. Mit 16 konnte ich natürlich herablassende Reden über materiellen Wohlstand schwingen – ich musste ja auch keine Miete zahlen. Und ich hatte keine Ahnung, wie teuer ein voller Kühlschrank sein kann.
Sich Dinge zu leisten, die nicht unbedingt notwendig oder praktisch sind, ist für mich zu einem Luxus geworden, den ich nicht missen will. Dafür wiederum arbeite ich gern. Meinetwegen auch in 15 Jobs gleichzeitig. Mein Hirn fühlt sich wohl, wenn es produktiv sein kann und gefordert wird. Ich fühle mich wohl, wenn ich beim Anblick meines Kontostands keinen Herzinfarkt bekomme.
Traumfänger.
Manchmal fällt es mir schwer, meinen eigenen Kurs nicht aus den Augen zu verlieren. In so manchen stressigen Wochen schreibe ich höchstens bei der Arbeit, aber privat überhaupt nicht – was mich nur noch mehr stresst. Denn ich kann nichts nur mit halbem Hintern erledigen. Entweder ganz oder gar nicht. Daher fasse ich abends mit pochenden Schläfen auch kein Manuskript mehr an. Es würde meinem eigenen, (zugegeben) sehr hohen Qualitätsanspruch nicht gerecht werden.
Meinen Träumen zu folgen, ist oft wie eine Treibjagd. Als hätte man ein fettes Kaninchen vor der Nase, das jedes Mal dann in seinen Bau verschwindet, wenn man es beinahe geschnappt hätte. Ich renne ihm trotzdem hinterher. Irgendwann kriege ich den kleinen Mistkerl.
Dass ich dabei wie jeder andere normale Mensch auch arbeite und mir Mühe gebe und Erfolg habe, finde ich nicht mehr schrecklich. Ich komme mir nicht wie eine Verräterin an meinen Träumen vor – viel mehr wie jemand, der sich einfach anstrengt.
Fazit: Alle Wege führen nach Rom und man darf auch mal abbiegen. Und Bürokaffee ist gar nicht so wild.
Schreibe einen Kommentar