In den letzten Monaten habe ich zugenommen. Erst nur ein bisschen und dann plötzlich so, dass ich in eins meiner Lieblingskleider nicht mehr reinpasse. Zugegeben, ich war ganz schön geschockt und habe mich erstmal so richtig eklig gefühlt. Nach ein bisschen Heulen und gutem Zureden von meinen Freundinnen, konnte ich mir dann doch wieder vor Augen führen, dass es Gründe für mein Zunehmen gibt und dass dieser Selbsthass vom Patriarchat konstruiert ist.
Denn wenn ich in dieses Kleid wieder reinpassen will, dann kann ich das auch auf eine gesunde Weise hinbekommen. Wenn mich die Pfunde nicht stören, auch in Ordnung. Ist ja meine Sache und interessiert doch auch keinen, oder? Leider falsch.
Man wird immer wieder drauf aufmerksam gemacht. Das ist vielleicht gar nicht böse gemeint und vielleicht gehts den Menschen auch wirklich nur um meine Gesundheit, aber es hilft einfach nicht und ist schlichtweg unsensibel. Wer will denn schon von der Tante der Tante des Onkels hundertdreiundzwanzigsten Grades hören, dass man sich „aber schon hat gehen lassen“? Was soll ich darauf bitte antworten? „Ja, da hast du Recht. Ich ekel mich vor mir selbst auch schon. Am Besten lasse ich den Kuchen heute weg.“ 1,80m Körpergröße und Kleidergröße 38 – nur mal zur Vorstellung wo das „Problem“ schon anfangen kann.
Nur weil es gut gemeint ist, heißt das nicht automatisch, dass es in Ordnung ist. Worte können verletzten. Selbst wenn jemand aufgrund dessen Körpergewichts gesundheitliche Probleme hat, wer hat mir das Recht gegeben, darüber zu urteilen? Und seit wann sind wir eigentlich alle Ärzte und können das überhaupt einschätzen?
Gewichts -und abnahmen können viele Gründe haben. Ich ernähre mich relativ gesund und gehe ins Fitnessstudio. Allerdings habe ich einen Job, der mich 8 Stunden am Tag in einen Bürostuhl zwingt und esse gern auswärts. Gerne auch mal Pizza, Burger, Döner. Muss ich mir jetzt Vorwürfe machen?
Ganz einfach: Kein Kommentar. Wenn ich mit jemanden darüber reden möchte, dann tu ich das. Ansonsten könnt ihr davon ausgehen, dass ich mir so gefalle und meinen Körper so liebe wie er ist.
Was ich damit sagen will, ist, dass wir einfach mehr darüber nachdenken sollten, was wir sagen. Und wenn man das dringende Bedürfnis hat sowas anzusprechen, weil man sich um die Person sorgt, dann sollte man ich zuerst ein paar Fragen stellen, wie zum Beispiel: „Bin ich die richtige Person für dieses Gespräch?“; „Besteht wirklich Grund zur Sorge oder steht mir mein eigenes Schönheitsideal im Weg?“; „Liegt das Problem vielleicht woanders und die Veränderung ist eine Konsequenz dessen?“; „Habe ich mich genügend informiert?“ ; „Ist meine Hilfe erwünscht?“; etc.
Eure Worte haben Konsequenzen und können größeren Schaden anrichten als ihr denkt. Also überlegt sie euch genau.
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