Wenn ihr jetzt einen dieser „Ich habe drölftausend gute Vorsätze fürs neue Jahr“ – Beiträge erwartet, muss ich euch aus tiefster Überzeugung enttäuschen. Denn einerseits möchte ich weder abnehmen, noch mit dem Trinken aufhören oder endlich diese eine kackschwere Fremdsprache lernen (okay, das eigentlich schon.) Und andererseits geht es heute um viel spannendere Dinge als seinen schlechten Gewohnheiten abzuschwören und 2022 ein besserer Mensch zu werden.
Wir befinden uns nämlich gerade mitten in den Rauhnächten, dieser Zeit zwischen dem 24.12. und 06.01., die mein esoterisches Hexenherz ein bisschen höher schlagen lässt.
Aber erst mal bin ich euch eine etwas ausführlichere Erklärung schuldig.
Der Schleier hebt sich.
Die 12 Nächte, die in der Nacht vom 24.12. auf den 25.12. beginnen, heißen im Volksmund auch Raunächte, Zwischen-, Los-, Unter-, Weihe- oder Zwölfnächte (letzteres ist besonders kreativ). Je nach Region unterscheidet sich sogar die Anzahl. Mancherorts sind es drei, in anderen Kreisen Deutschlands 12 und hin und wieder wird auch die Thomasnacht vom 21. auf den 22. mitgezählt.
Zurück gehen die Rauhnächte auf den Mondkalender, bzw. das Mondjahr, das nur 354 Tage hat. Als unser „normales“ Sonnenjahr mit 365 Tagen eingeführt wurde, waren – Überraschung – 11 Tage und 12 Nächte übrig. Genau diese Nächte „fallen aus der Zeit“, sodass die Menschen damals (und heute) davon überzeugt waren, Damönen und böse Geister könnten sich dies zunutze machen.
Tatsächlich wurde sich erzählt, dass in genau dieser Zeit, die Toten einen leichteren Zugang zur Welt der Lebenden haben. Das macht die Rauhnächte nicht nur bloß interessant – sondern auch gefährlich.
Die wilde Jagd.
Besonders die Nächte vom 24./25., 31./01. und 05./06. galten vielerorts als so kritisch, dass bestimmte Regeln aufgestellt wurden, um dem Unheil der Toten zu entgehen. Nicht nur mussten alle Räder (hier Spinnräder) stillstehen, da nur das Schicksalsrad sich drehen sollte – die Häuser durften auch auf gar keinen Fall unordentlich sein. Wäsche waschen war verboten, genauso wie das Aufhängen. Denn wenn die weißen Laken draußen getrocknet wurden, standen die Chancen zu hoch, dass sich die wilde Jagd in ihnen verfängt und sie im nächsten Jahr als Leichentuch für den Hausbesitzer benutzt.
Ja, die wilde Jagd ist eine ziemlich unangenehme Geschichte. Sie besteht aus einer untoten Jagdgesellschaft, die Unruhe stiftend über den Nachthimmel zieht und versucht, vor allem schlafende Seelen mit sich zu reißen. So richtig angucken sollte man sich die wilde Jagd ebenso wenig. Zeugen sind unerwünscht und finden meistens einen gewaltsamen Tod. (Oder ihr Kopf schwillt an und bleibt für immer so. Ich liebe Sagen.)
Bräuche überdauern.
Wer bis hierhin noch nicht mindestens einmal „Mumpitz“ gemurmelt hat – Glückwunsch!
Und wer glaubt, dass dieses Mysterium das Mittelalter wahrscheinlich nicht überdauert hat – Schade!
Denn die Rauhnächte mit ihrer wilden Jagd gehören zum Beispiel in Teilen Bayerns immer noch zum festen Brauchtum. Dort zieht man als zottlig missgestaltetes Wesen verkleidet durch die Gegend, um die bösen Geister zu vertreiben. Es wird außerdem empfohlen, die Häuser und Wohnungen auszuräuchern, um sie spirituell zu reinigen.
Eine Sache, die ich persönlich gern verfolge: Was man in den Rauhnächten träumt, ist ein Vorbote für die Monate des nächsten Jahres. Die erste Nacht steht für Januar und so weiter. Sind ja praktischer Weise 12.
Weil meine Träume schon immer sehr lebhaft waren, führe ich vom 24.12. bis zum 06.01. gern Traumtagebuch, vergesse es dann bis zur Mitte des nächsten Jahres und denke mir im August „Hmm, so oder so ähnlich sind meine hellsichtigen Fähigkeiten bestimmt eingetreten!“
Auch interessant: In der Silvesternacht Lärm zu machen, geht auch auf die Rauhnächte zurück. Damit vertreibt man, wie immer, Dämonen und alles, was uns noch an den Kragen will.
Da das Befragen von Orakeln auch am besten in den Rauhnächten stattfinden soll, Gießen wir heutzutage übrigens Blei. Also zumindest bis das eingestellt wurde. Mittlerweile gießt man, glaube ich, Wachs. (?)
Und das war’s eigentlich schon zu den Rauhnächten. Ich könnte noch erzählen, dass man Kindern, die am Sonntag einer Rauhnacht geboren werden, besonders übernatürliche Kräfte zuschreibt.
Ich bin zwar ein Sonntagskind, aber leider war es der 03.11. Naja, fast.
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