Manche Leute wissen schon als Kinder, was sie später mal beruflich machen wollen. Bei mir war das nie so. Ich kann mich vage erinnern, dass ich in der Grundschule zwischen Tierschützerin, Tierärztin und Videografin bei National Geographic schwankte – Hauptsache irgendwas mit Tieren.
Das lag zum einen daran, dass ich in dem Alter ein seltsam ausgeprägtes Interesse für alles hatte, was sich auf Beinen, ohne Beine, Klauen und Flossen bewegt. Zum anderen konnte ich schon damals mit Traumjobs wie Ärztin oder Astronautin oder Lehrerin nichts anfangen. Ich habe schlichtweg nie vom Arbeiten geträumt.
Berufsvorbereitung. Oder: Wie man 9.Klässlern jegliche Lust aufs Erwachsensein versaut.
Wegen diverser Umzüge kam ich den Genuss verschiedener Schulen, die alle in den 9., 10. und 11. Klassen so eine Art Bewerbungstraining durchführten. An sich ist der Kerngedanke ja nicht schlecht: Sich schon relativ jung mit der eigenen Zukunft auseinanderzusetzen, zumindest eine Richtung zu kennen, das ist praktisch. Aber wie immer ist auch hier gut gemeint nicht gleich gut gemacht. Ich weiß noch, wie Maxi und ich Plakate mit Herzensberufen basteln sollten. Oder uns gegenseitig mit ellenlangen Fragebögen nach unterschiedlichen Persönlichkeitsmerkmalen einschätzen mussten. Nicht nur ein Mal. Und dann hat man mit einer miesgelaunten Mitarbeiterin der Agentur für Arbeit über die Testergebnisse gesprochen. Meistens sind alle Mädchen, ungeachtet ihrer Talente, in die soziale Ecke verfrachtet worden, während die Jungs plötzlich zu Maschinenbauern mutiert sind. Bei einem folgenden dieser Gespräche wusste ich dann zumindest, dass ich gern Psychologie studieren wollte und äußerte diesen Wunsch auch. Gesagt wurde mir, dass mein Schnitt mit 2,0 in der 10. Klasse leider zu schlecht sei und ich mich doch mal nach einer Stelle als Hebamme umsehen sollte.
Was kann ich eigentlich? Und was davon würde ich mir bezahlen lassen?
Na ja, Hebamme bin ich nicht geworden. Und auch nicht Brauer, was mal bei einem dieser mannigfaltigen Tests herauskam. Wenn ich Freunde gefragt habe, zuckten die meist mit den Schultern. Mein Vater wollte mich nicht beeinflussen, hat mir die soziale Schiene, die mir in der Schule eingedroschen wurde, allerdings vehement ausgeredet. (GOTT SEI DANK.)
Kurz vor meinem Abi war ich ziemlich nervös. Und danach auch noch. Selbst als ich mir mit Hängen und Würgen einen Studiengang ausgesucht hatte, der ganz gut klang, war ich unzufrieden. Denn was mir die netten Damen und Herren von der Arbeitsagentur nie gesagt haben, war: Es gibt mehr als soziale, technische und naturwissenschaftliche Berufe. Und mehr als nur einen Weg nach Rom.
Als ich dann nach Abgabe meiner Bachelorarbeit – immer noch nervös – meinen ersten Job suchte, habe ich mich auf ALLES beworben, was nur entfernt etwas mit meinem Studium zu tun hatte. Natürlich bekam ich Absagen. Mehr als ich zählen wollte. Aber ich bin auch mehr durch Zufall auf den heiligen Gral gestoßen. Für mich zumindest. Ich habe herausgefunden, dass sowas wie ein Texter existiert. Und dass das ein Job ist. Und wieso sollte ich mit der einen Sache, die ich schon immer wirklich gern gemacht habe, nicht auch Geld verdienen? Also habe ich mich beworben und … bekam wieder Absagen.
Irgendwas ist dann doch aus mir geworden.
Denn das Blöde an „meiner“ Branche ist: Selbst als Berufsanfänger braucht man Berufserfahrung, macht meistens erst mal ein ziemlich langwieriges (und schlecht bezahltes) Volontariat oder ein ziemlich langwieriges (und schlecht bezahltes) Praktikum und rutscht so nach und nach auf die Position eines Texters oder Copywriters oder Redakteurs.
Mit mehr Glück als Verstand habe ich dann schließlich doch meinen ersten Texterjob bekommen. Und danach auch den zweiten in einer klassischen Werbeagentur. Hier in Düsseldorf gibt es sogar eine Texterschule, in der man das Handwerkszeug lernen kann. Hätte ich also als Teenie schon gewusst, dass es solche Möglichkeiten gibt, wäre ich in meinem Werdegang sicher nicht ganz so verloren gewesen.
Andererseits habe ich es lange Zeit nicht für möglich gehalten, jemals die Person zu sein, die das klassische „irgendwas mit Medien“ studiert und danach auch einen entsprechenden Beruf ausübt. Das Agenturdasein hat mich nie angesprochen. Ich wollte nie für solche Verbrechen wie die Seitenbacher-Werbung verantwortlich sein. Und ich dachte, wenn ich das Schreiben zum Beruf mache, verliere ich als Hobby die Lust daran.
Das war, und da bin ich froh drum, nie der Fall. Ist es auch immer noch nicht. Mein Hirn trennt offenbar beruflich und privat sehr gut und ich habe nach Feierabend meistens auch noch Lust, meinen privaten Projekten nachzugehen. Da ich tagsüber nur Ideen für andere Leute produziere, habe ich danach noch genügend Raum für meine eigenen.
Und das Agenturleben? Das ist gar nicht so übel. Bei der Jobsuche ging es mir immer primär um die eigentliche Tätigkeit. Das Umfeld ist für mich ein netter Nebeneffekt geworden.
Heutiges Fazit: Lasst euch nicht von anderen Leuten und „ööööÖÖÖöööh, ist das überhaupt ein richtiger Beruf???“ verunsichern. Informiert euch ein bisschen. Und schaut, ob euer erster Eindruck über eine Branche nicht vielleicht doch täuscht.
Schreibe einen Kommentar