Am 18.08. war Tag der Anti-Baby-Pille. Wir können uns jetzt darüber streiten, warum wir für alles eigene Tage brauchen (Tag des Blaumachens wäre cool), aber eigentlich möchte ich lieber mit euch auf den wundersamen Zug der hormonell wirksamen Verhütungsmittel springen. Abfahrt!
Freiheit für die Frau.
Zuerst ein bisschen Historie: Die Pille kam in den USA 1960 auf den Markt, im Juni 1961 dann auch in Deutschland (in der DDR 1965). Ein findiger Österreicher namens Ludwig Haberlandt ist zuvor (irgendwann Anfang des 20. Jahrhunderts) in seinem Labor darauf gestoßen, dass bereits trächtige Ratten nicht mehr schwanger werden können. Warum sollte das bei Menschen anders sein? Er dachte also, man könnte Frauen Schwangerschaftshormone verabreichen, um eine Befruchtung zu verhindern.
Viele Experimente und Chemie, die ich nicht erklären kann, später: Deutsche Frauen können die kleinen weißen Pillen erstmals gegen ein Rezept eintauschen – wohlgemerkt nur die verheirateten. Auch wird die Pille vordergründig als Medikament gegen Menstruationsbeschwerden verschrieben. Empfängnisverhütung steht irgendwo im Kleingedruckten als Nebenwirkung.
Die Kirche fand das Ganze natürlich nicht so toll, Sex einfach aus Spaß haben, ich meine, wo kommen wir denn da hin??? (Vor allen Dingen zum Höhepunkt.)
Und selbst 47% der Frauen gab 1963 noch an, dass die Pille verboten werden sollte. Zum Beispiel, weil sich die Moral verschlechtern könne, Sittenverfall, ihr wisst Bescheid.
Andere Zeiten, andere Triebgewohnheiten, aber eine deutliche Veränderung: Die Pille hat als Verhütungsmittel in den 60er Jahren sowas wie eine sexuelle Revolution möglich gemacht. Mehr Freiheiten, mehr Möglichkeiten und vor allem mehr Selbstbestimmung über den eigenen Körper. Dass junge Menschen Ende der 60er nur selten zweimal mit der gleichen Person schliefen, steht auf einem ganz anderen Blatt. Sinnbildlich war die Pille für Frauen ein regelrechter Befreiungsschlag.
Schließlich kam es, wie es kommen musste: Ab der zweiten Hälfte der 60er Jahre fiel die Geburtenrate plötzlich rapide ab. Nicht nur in Deutschland, sondern in den meisten großen Industrienationen. Dieses Phänomen, bezeichnet als Pillenknick, ist nicht einmal zwingend auf die Pille zurückzuführen. Zeigt aber immerhin, dass sich in den Betten ein paar Dinge verändert hatten.
Die große Depression. Wortwörtlich.
Kopfschmerzen, Migräne, Brustschmerzen, Verlust der Libido, Blutgerinnungsstörungen, Brustkrebs, vaginale Pilzinfektionen, depressive Verstimmungen, Depressionen, Gewichtszunahme, Gewichtsabnahme, Haarausfall, Bauchschmerzen, erhöhter Blutdruck, zu niedriger Blutdruck, Erschöpfung, Ermüdung, psychische Störungen, Eileiterentzündungen, Zysten, Akne, generelles Unwohlsein, Schlaflosigkeit, Angststörungen, Aggressionen, Asthma, Schlaganfall, Herzrhythmusstörungen, Blutarmut, Darmentzündungen, Pigmentflecken, Beeinträchtigung der Schilddrüse.
Klingt wie eine wilde Aneinanderreihung von Krankheiten? Ist aber tatsächlich der Beipackzettel von einer der am häufigsten verschriebenen Anti-Baby-Pillen.
Die meisten jungen Frauen nehmen die Pille zu Beginn eigentlich nur aus wenigen Gründen: Schöne glatte Haut, volles Haar, keine Menstruationsbeschwerden. Und das kriegt die Pille ja auch echt gut hin. Nimmt man dann noch ein Präparat, dass männliche Hormone im Körper unterdrückt, hat man auch nicht mit lästigen Haaren an lästigen Stellen zu kämpfen. Die eigentlichen Nebenwirkungen spürt man meist erst nach Jahren.
Ach, und natürlich, der offensichtlichste Aspekt: die Einfachheit. Jeden Abend eine kleine weiße Tablette einzuwerfen, kam mir als Teenie ziemlich leicht vor. Und mehr Bedeutung als ein Smartie, von dem ich praktischer Weise keine Kinder bekomme, hatte das Ganze für mich auch nicht.
Tatsächlich sind auch die Herren der Schöpfung zuweilen ziemliche Pillenfans: In einer Befragung der Men’s Health 2017 gaben 55% der Männer an, dass es ihnen lieber ist, wenn ihre Partnerin mit der Pille verhütet. 9% sagten sogar, dass ihnen das Verhütungsmittel egal ist, solange es die Frau nicht vergisst. Nur ein Drittel war bereit, eveeeeeeeentueeeeeell vielleicht in höchster Not mit Kondomen zu verhüten.
Wissen ist Macht.
Sagen wir es mal so: Nicht allen Männern ist es wumpe, was ihre Sexualpartnerinnen sich so einwerfen, nur damit sie mal wieder richtig schön den Lachs buttern können. Tatsächlich fand (zumindest in den Köpfen der Frauen) in den letzten Jahren ein ziemlicher Umschwung statt, was die Pille betrifft. Immer mehr junge Mädchen informieren sich vorher, stellen Fragen, tauschen sich vor allem miteinander aus. Und immer mehr junge Frauen hinterfragen, was sie da eigentlich seit ihrer Pubertät nehmen – und welche Auswirkungen das vor allem langfristig auf ihre Körper haben kann.
Ich selbst bin, auch wenn das hier nicht so anklingt, dankbar, dass es die Pille gibt. Wahrscheinlich wäre ich sonst mit 15 ungewollt schwanger geworden und hätte mich mit meiner Tochter Mandy-Chantalle in einen Plattenbau absetzen können. (kein Mandy-Chantalle und auch kein Plattenbau-Shaming. You do you.)
Was ich mir aber gewünscht hätte, wäre mehr Aufklärung gewesen. Die Packungsbeilage habe ich mir nach genau sieben Jahren Einnahme das erste Mal richtig angeschaut. Und alle meine Frauenärztinnen und -ärzte haben auf Nachfrage die Pille angepriesen wie den heiligen Gral. Oder den Jesus der Verhütungsmittel.
Von daher: Ärzte haben meist Verträge mit netten Pharmaunternehmen, die nicht so nette (aber dafür teure) Produkte an den Mann (oder die Frau) bringen wollen. Hinterfragen ist also wichtig. Misstrauisch sein ist wichtig. Und einen Plan B für eure Verhütung machen ist auch wichtig. Informiert euch also ausgiebig und bei vielen verschiedenen Quellen.
Ach ja: Geschlechtskrankheiten sind doof und die Pille schützt nicht davor, also verhütet mit Verstand. Feigwarzen sind ziemlich unsexy.
Quellen:
https://www.br.de/wissen/verhuetung-pille-antibabypille-geschichte-100.html
https://jenapharm.de
https://www.zeit.de/campus/2017-02/antibabypille-verhuetung-frauen-sex-depressionen-hormone/komplettansicht?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F
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