Eigentlich wollte ich nie wirklich weit von meinem Thüringer Zuhause weg.
Ich habe mich nie von fernen Ländern angezogen gefühlt, war nie besonders reisebegeistert und freute mich auch im Urlaub nach höchstens einer Woche wieder auf mein gewohntes Umfeld. Daher unternahm ich nach dem Abitur oder während des Studiums auch nie ein Auslandsjahr oder -semester. (Langweilig, ich weiß.)
Ich begann in Jena zu studieren und zog mit Maxi zusammen, die sich praktischerweise genau die gleiche Stadt ausgesucht hatte.
Versteht mich nicht falsch, ich habe mein Jena heiß und innig geliebt, schließlich stammt auch mein engerer Freundeskreis aus der Umgebung und ich hatte für gut vier Jahre alles, was ich brauchte, um zufrieden zu sein. Im Endeffekt war meine Wahl zufälligerweise genau die richtige und ich bereue nichts.
Gut, fast nichts: Wahrscheinlich hätte ich meine kuschlig warme Komfortzone nie verlassen, wäre Ende 2018 nicht dieser eine Mensch in mein Leben gestolpert. Dieser eine Mensch, der in Düsseldorf wohnte.
Ich traf meine Entscheidung halsbrecherisch schnell und wagte mich, zu meinem eigenen Erstaunen, ins vollkommen Ungewisse: Da ich mit dem Bachelor ohnehin fast fertig war, zog ich mit meinen Habseligkeiten nach Düsseldorf um.
In den nächsten Wochen und Monaten in meinem neuen Zuhause kam ich mir vor wie der letzte Bauerntrampel. Natürlich kannte ich Großstädte, allerdings nur von außen. Nur als Besucher, als Betrachter, als Gast. In einer zu leben stand auf einem ganz anderen Blatt.
Als ich zum ersten Mal an einem Freitagabend die Innenstadt besuchte, dachte ich beim Anblick der vielen umherwandelnden Leute zuerst an ein Fest oder einen besonderen Anlass. Wieso sollten sonst hunderte Menschen unterwegs sein? Ich kam mir naiv und dämlich und winzig klein vor, als würde auf meiner Stirn in Neonfarben OSSI stehen.
Dieses Gefühl wurde jedoch immer leiser und ich begann die vielen neuen Eindrücke anzunehmen. Ich fuhr U-Bahn zwischen Punks und Geschäftsmännern, aß Sushi im Japanischen Viertel, entdeckte imposante Einkaufsmeilen und gewöhnte mich mehr und mehr an das bunte Allerlei, das mich jeden Tag aufs Neue erwartete.
Momentan genieße ich es hier sehr. Ausgehend von meinen Qualifikationen und Interessen kann ich mich jobtechnisch ausleben, habe die Freiheit, viele neue Dinge auszuprobieren und kennen zu lernen und fühle mich mehr wie mein eigener Herr (oder Herrin).
Mein Herz schlägt dabei jedoch nach wie vor ganz klar für die gute alte, Vorsicht Klischee, ostdeutsche Einöde. (Da gibt es auch andere Sachen, aber dazu später mehr.)
Und mit hoher Wahrscheinlichkeit wird es auch irgendwann ein Comeback geben. Bis dahin sende ich Grüße aus dem Wilden Westen.
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